Das ist fast schon ein Klassiker: die oberste Journalistin und Gewissenshüterin der Nation, Alice Schwarzer, plädiert im FAZ-Feuilleton für Verständnis für die burmesische Junta, die ihrer von Naturkatastrophen geschlagenen Bevölkerung seit Wochen dringend benötigte Nothilfe vorenthält.
Da erläutert die Henri-Nannen-Journalistenpreis-Jurorin ganz locker von ihrem Kölner Schreibtisch aus etwa die brutale Pressezensur:
"Meist habe ich morgens das „Light of Myanmar“ ergattert, die staatliche Tageszeitung. Weniger, um mich zu informieren, mehr, um mich zu amüsieren. Denn das offizielle Organ der verknöcherten postmaoistischen Militärregierung zeigt am liebsten Secretary One oder Secretary Two oder Secretary Three auf der Titelseite beim Gutestun, manchmal auch stellvertretend die Gattinnen. Und auf der letzten Seite stehen die immerselben zehn sozialistischen Weisheiten, ganz im Stil der einst von vielen Achtundsechzigern so geliebten Mao-Bibel."
Ja, hihi, fast so spannend wie einst Berlin-Dahlem, nicht wahr?
"Wenn also Myanmar nach der Naturkatastrophe jetzt nicht auch noch Opfer einer politischen Katastrophe werden soll, misstrauen nicht nur die Generäle zu Recht „der Großmut und dem Pflichtgefühl der internationalen Gemeinschaft“, wie sie ironisch erklärten. Sie verbitten sich die politische Instrumentalisierung der humanitären Hilfe und müssen - da haben sie gar keine Wahl - auf ihre asiatischen Nachbarn bauen (auch wenn die wiederum ihre eigenen Begehrlichkeiten haben)."
Ja, so ist das mit den "kleineren Übeln", von denen Schwarzer, die das Land mehrfach bereist hat, so nonchalant spricht. Wird den Menschen in Nordkorea und Kuba ganz sicher auch helfen, dieser spezifische deutsche, zynische Internationalismus, der Menschenrechte ganz genau einzuteilen weiß in Gut und Böse (und schon angesichts der kommunistischen Verbrechen stumm blieb, stumm über Jahrzehnte hinweg).
Oder, um es mit Matthias Matussek zu sagen, der auf "Spiegel online" Schwarzer eine heftige Erwiderung entgegenschleudert:
"Ich finde, liebe Kollegin, Sie sollten wenigstens die Würde besitzen und nach dieser Entgleisung aus der Jury des Henri-Nannen-Preises ausscheiden. Schon, um ihn nicht für diejenigen zu beschädigen, die ihn künftig erhalten sollen - für ihre investigativen Leistungen oder den Mut oder die Objektivität und all das, was künftige Festredner zu solchen Anlässen rühmen.
Oder wollen Sie warten, bis irgendeiner sich weigert, ihn aus Ihrer Hand anzunehmen?"
Sonntag, 1. Juni 2008
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