Ist der Wirbel um Filbinger auch ein "Süddeutsche"-Skandal?
In der ihm eigenen Scharfrichtermanier hatte Rolf Hochhuth seit Freitag die Auseinandersetzung um die Trauerrede Oettingers für Filbinger mit einem Essay "("Der Lügner", "Süddeutsche Zeitung" v. 13.4.2007) eskalieren lassen. Er bezeichnete ihn darin als "sadistischen Nazi", "Lügner"und "Mörder". Zentraler Kern seiner Suada ist diese Passage:
"Im Rowohlt-Verlag ist - nur ein Beispiel - als Buch die Tragödie des Matrosen Walter Gröger erschienen, den Filbinger persönlich noch in britischer Kriegsgefangenschaft hat ermorden lassen. (...) Filbinger musste sich denn auch, um diesen 21-Jährigen erschießen zu lassen, von den Briten zwölf Gewehre ausleihen, denn selbstverständlich hatten die Engländer ihre deutschen Gefangenen entwaffnet. Dann hat Filbinger das Peloton zusammengestellt; und sich selber, für den Ablauf dieser mörderischen Veranstaltung, als der 'Feuer!' befehlende Vollstrecker ins Protokoll gesetzt."
Diese frei erfundene Behauptung Hochhuths (der jüngst mit seinen fragwürdigen Thesen zu Pius X. und dessen angeblicher unterlassener Hilfeleistung für Juden ins Wanken geriet) wurde noch eilfertig von einem gewohnt polemisch-empörten Prantl-Kommentar begleitet.
Hochhuths maßlose Lüge ("Ich weiß von keinem zweiten Todesurteil, das Deutsche als Gefangene einer der Siegermächte noch in deren Lagern an Deutschen vollstreckt haben.") setzte sich in nahezu allen Medien 1:1 und völlig ungeprüft fort: Die angebliche "Erschießung in britischer Gefangenschaft" findet sich (online) in der Netzeitung, im Handelsblatt, im "Spiegel", im "Focus", im Tagesspiegel, aber auch im Fernsehen in der "tagesschau", wo ein schäumender Wichtigtuer namens Jürgen Hanefeld (NDR) flink kommentierte: "Zu diesem Zeitpunkt, am 16. März 1945, saßen beide, der Täter und sein Opfer, Filbinger und Gröger, bereits in britischer Kriegsgefangenschaft."
Ach ja, wenn es nur so gewesen wäre, dann wäre urteilend-recherchefreier Journalismus ja soooo einfach.
Tatsache ist jedoch: Die Hinrichtung Grögers (an dem Zustandekommen des Todesurteils war Filbinger nicht beteiligt, er wurde erst in den letzten Tagen in den Prozeß versetzt) fand - nach Ablehnung des Gnadengesuchs durch Dönitz - am 16.3.1945 statt. Damals war Norwegen noch in deutscher Hand, das beschrieben konnte also überhaupt nicht unter den Augen der Briten stattgefunden haben. Hochhuth tut in der SZ genau das, was er Filbinger vorwirft: er lügt. Präzise hat die FAZ, nach einem Blick in den Ploetz, den Fall in der Ausgabe vom Samstag dokumentiert.
Hochhuth lügt noch an anderer Stelle, wenn er schreibt: "Der so auch vom Stuttgarter Gericht damals expressis genannte 'furchtbare Jurist'" (gemeint ist Filbinger). Aber auch das stimmt so nicht. Das Landgericht Stuttgart hatte diese Formulierung lediglich als zulässige Meinungsäußerung gewertet. Auch diesen wirklich nicht feinen, sondern fundamentalen Unterschied müssten die SZ-Redakteure eigentlich kennen...
Nun, inzwischen ist das peinliche Hochhuth-Traktat von der "Süddeutschen Zeitung" ganz still und leise offline genommen worden. Der linke mainstream irrt halt nie ;-)
Fragt man sich nur, ob Hinterbliebene Unterlassungsklagen anstrengen können...
Sonntag, 15. April 2007
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen