Freitag, 14. März 2008
Grüner kritisiert Inzest-Urteil
Der Grünen-Rechtsexperte Jerzy Montag hat das Inzest-Urteil des Bundesverfassungsgerichts kritisiert. Es sei eine vertane Chance, sagte er am Donnerstag dem Münchner Radiosender «Antenne Bayern». Das Strafrecht sei nicht zum Schutz von Moralvorstellungen da. Es sei außerdem absurd, eine Regel aus dem 19. Jahrhundert ins 21. zu übertragen, schließlich gebe es heute Möglichkeiten der Verhütung. Dennoch werde auch Geschlechtsverkehr bestraft, der nicht zu Kindern führe, kritisierte Montag. Die Argumentation der Verfassungsrichter laufe kreuz und quer durcheinander. Auch menschlich sei es nicht nicht nachvollziehbar, warum zwei erwachsene, sich liebende Menschen keinen Sex miteinander haben dürften, sagte der Grünen-Politiker. «Das Urteil überzeugt menschlich und rechtlich nicht», fügte er hinzu.
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1 Kommentar:
Da hat der Herr Montag durchaus recht, was die Begründung des Urteils angeht.
Die Richtermehrheit beschränkt sich auf den Beischlaf, gibt aber anderen sexuellen Kontakt frei.
Die Richtermehrheit gibt vor, zum "Schutz des ungeborenen Lebens" zu handeln, wenn sie tatsächlich den Schutz des unzeugten Lebens betreiben und zwar den Schutz vor nichts weiter als seiner eigenen Existenz. Der Vorwurf des abweichenden Richters, hier werde Behinderten das Lebensrecht abgesprochen ist durchaus berechtigt.
Es ist auch hochproblematisch, daß die aus Inzest gezeugten Kinder in diesem Fall ihren Eltern weggenommen werden, um sie dann staatlich "umzuverteilen".
Warum wurde eigentlich nur der Mann bestraft?
Und was den "Schutz von Moralvorstellungen" angeht - das hat die Richtermehrheit von sich gewiesen, sich dabei aber ins eigenen Fleisch geschnitten: natürlich dienen Gesetze dazu, Moral und Ethik aufrecht zu erhalten (wenn auch nicht dem "Schutz von Vorstellungen", es geht um die Anwendung derselben) - zumindest von bestimmten Elementen der Moral.
Die Ablehnung des moralischen Charakters von Recht und Gesetz ist das tatsächliche Problem bei dieser Diskussion.
Fazit: das Gericht hat eine richtige Entscheidung getroffen, sie aber katastrophal begründet.
Und noch ein formeller Gedanke: gilt bei solchen Klagen eigentlich eine Vermutung der Verfassungswidrigkeit? Oder der Verfassungsgemäßheit? Ich würde letzteres als sehr viel angemessener halten und insofern geht das Urteil völlig in Ordnung.
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