Dienstag, 25. August 2009

Weidenfeld: Katholischer Arbeitskreis der Union wäre angemessen

Der Münchner Politikwissenschaftler Werner Weidenfeld hat Überlegungen für einen «Katholischen Arbeitskreis» in der Union als angemessen bewertet. Heute herrsche in der Union, anders als zu Gründungszeiten, eine große Meinungsvielfalt, sagte Weidenfeld in einem am Freitag veröffentlichten Interview der in der Osnabrücker Verlagsgruppe Bistumspresse erscheinenden katholischen Kirchenzeitungen. Deshalb halte er es «durchaus für vertretbar»,
wenn sich Menschen in der Union zusammenfänden, «die in besonderer Weise über das Katholische in der Politik nachdenken wollen».

Zugleich bemängelte Weidenfeld den Stil der Politik in Deutschland. Sie werde «mehr und mehr zur Augenblicksbewältigung herabgestuft». Um Orientierungen und Strategien, die die Gesellschaft zusammenhielten, kümmere sich dagegen niemand mehr. Nach seiner Einschätzung hat die Bindung der katholischen Kirche zu den Unionsparteien «drastisch nachgelassen». Das entspreche der wachsenden Pluralisierung, bei der sich die klassische Milieubildung
auflöse.

Noch Mitte Juni hatte sich die CDU-Vorsitzende Angela Merkel entschieden gegen einen «Katholischen Arbeitskreis» in der Union gewandt. Es sei richtig, dass es einen solchen Zusammenschluss in der CDU/CSU nicht gebe, so die Bundeskanzlerin. Dabei verwies sie ausdrücklich darauf, dass sich die Existenz eines Evangelischen Arbeitskreises der Union
(EAK) aus der Geschichte der Parteigründung heraus erkläre. Dazu meinte Weidenfeld, anders als zu Zeiten der EAK-Gründung 1952 sei die Partei heute nicht mehr stark katholisch dominiert; diese unterschiedlichen Gewichtungen zeigten sich nun nicht mehr.

Der renommierte Politikwissenschaftler bemängelte den Umgang von CDU/CSU mit der Sozialenzyklika von Papst Benedikt XVI. Weder die CDU noch die Union insgesamt, allerdings auch nicht die Kirche selbst versuchten, das Lehrschreiben «in eine politische Strategie
zu übersetzen». Diese Auseinandersetzung fehle völlig. «Da könnte ein katholischer Kreis einen Auftrag erfüllen.» Ein solcher Kreis werde aber nur Attraktivität haben, wenn er sich als Ort der geistigen Auseinandersetzung verstehe. Weidenfeld verwies auf ein neues Bedürfnis nach Deutungsangeboten der Politik, «da könnte das Katholische etwas Wertvolles leisten».

Ausdrücklich wandte sich der Wissenschaftler dagegen, der Union das «C» abzusprechen. Das sei nicht gerechtfertigt. Es gehöre zur heutigen Vielfalt, dass verschiedene Gruppierungen sich auf eine katholische oder christliche Grundorientierung beziehen könnten. Die Union, so Weidenfeld weiter, habe einen christlichen Gründungsmythos. Deshalb sei das «C» für ihr Selbstverständnis
wichtig. Keiner in der Parteiführung käme auf die Idee, sich vom «C» zu trennen.

Sonntag, 9. August 2009

"Spiegel online": Kerkeling soll Bundeskanzler werden...

Dass "Spiegel online" nicht nur das mächtigste, sondern zugleich auch das überschätzteste und manipulativste "Nachrichtenportal" ist, meinen wir ja schon länger (und zwar auch ohne die zuweilen etwas überspannten Verschwörungstheoretiker vom "Spiegel Watch Blog").
Ein klassisches Dokument medialer Hamburger Arroganz - die überraschenderweise bereits den journalistisch-prekären Praktikantinnen, die bei SPON die "Nachrichten" zusammenhacken, zueigen wird, ist dieser Tage zu bestaunen:
Da ist "SPON" nämlich allen Ernstes davon überzeugt, daß Hape Kerkelings "Horst Schlämmer Partei" (HSP) bei der nächsten Bundestagswahl "antreten dürfe". Exakt dies behauptet das "Nachrichtenportal" höchstpersönlich in einem - inzwischen geänderten - Interview mit einer Epigonin der "Freien Union". SPON fragt diese Dame nämlich wörtlich:

"Paulis Partei darf nicht antreten, aber die von Horst Schlämmer. Ist das fair?"

SPON geht also tatsächlich davon aus, daß
- die HSP sich ordnungsgemäß zur Bundestagswahl gemeldet hat,
- sich vor dem Wahlausschuß ordnungsgemäß vorgestellt hat,
- und dort auch zugelassen worden ist.

Und diese völlig irrige Überzeugung müssen offenbar nicht nur die Interviewerin Hannah Lucas (deren - bisher? - erster und einziger Text dies auf SPON zu sein scheint - doch wohl keine Praktikantin?) und ein bearbeitender Redakteur sein, sondern auch noch Journalistengrößen wie die ressortverantwortliche Patricia Dreyer (die ihr Boulevard-Handwerk bei "Bild" erlernen durfte). Immerhin erschien das Interview an einem werktäglichen Freitag - da sind diese Journalisten alle mitverantwortlich.
Nun - kann ja mal passieren, daß man nicht weiß, daß ein Kinofilm nicht zur Bundestagswahl antreten kann. Da könnte man doch einfach einräumen, was man falsch gemacht hat, oder?
Nicht so SPON.
Dort schreibt man:

"In dem Gespräch war zunächst davon die Rede, die Horst-Schlämmer-Partei trete zur Bundestagswahl an."

So, so. In dem "Gespräch" war also einfach so "davon die Rede"...
Na, sowas.
Hat etwa die dumme Kader Loth wieder was vor sich hingebabbelt? Oder quatschte da ein Fotograf von der Seite rein? Oder murmelte ein Leser Unbotmäßiges in seinen Bart?
Nein.
Also, richtig müsste es heißen:

"In dem Gespräch hat SPON fälschlicherweise behauptet, die Horst-Schlämmer-Partei trete zur Bundestagswahl an."

Aber das geht natürlich nicht.
Wäre ja auch zu peinlich - und zu ehrlich, wenn SPON einräumen müsste, daß sie einfach von NIX eine Ahnung haben - noch nicht einmal, wenn sie Texte nicht von dpa abschreiben, sondern selbst verfassen müssen.

Dienstag, 4. August 2009

Tarsus: Kirche wieder Museum

Mit großer Enttäuschung hat Erzbischof Joachim Kardinal Meisner aus der türkischen Stadt Tarsus erfahren, dass nach dem Ende des Paulusjahres die zwischenzeitlich gelockertere Praxis für christliche Gottesdienste in der Pauluskirche wieder untersagt worden ist. Die Versprechungen von höchster Stelle bis in die lokale Ebene seien nicht eingehalten worden, erklärte Kardinal Meisner gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Samstagsausgabe) und sprach von einer unwürdigen Behandlung.

Am 28. Juli war den Ordensschwestern in Tarsus mitgeteilt worden: „Wer die hl. Messe in der Pauluskirche zelebrieren will, muss sich drei Tage vorher beim Direktor des Museums – damit ist die Kirche gemeint – anmelden und die Genehmigung dazu erbitten. Wenn die Gruppe das nicht macht, darf sie nicht zelebrieren. Die Gruppe, die Gottesdienst in der Kirche feiern will, muss ein Eintrittsticket kaufen. Falls die Zelebration einen negativen Einfluss für die Besichtigung anderer Besucher haben sollte, dann wird die Leitung des Museums (der Kirche) entscheiden, dass nur eine halbe Stunde Zeit für die Feier der Eucharistie gegeben wird.“Die Kirche sei somit wieder zum Museum gemacht worden, kommentierte Kardinal Meisner. Es gelte wieder die gleiche Praxis wie für alle anderen Orte der Türkei, in denen gelegentlich christliche Gottesdienste erlaubt werden. Dagegen protestiert der Kölner Erzbischof aufs deutlichste. Wo die Religionsfreiheit so massiv verletzt werde, dort müsse man sich letzten Endes auch ernsthaft um die anderen Menschenrechte sorgen.

Weiter betonte der Kölner Kardinal, es sei nun zu hoffen, dass die türkischen Mitbürger in Deutschland, namentlich die muslimischen Organisationen, aufgrund ihrer großzügigen Behandlung hier zu Lande, etwa beim Bau von Moscheen, in ihrem Ursprungsland ein Wort der Fürsprache für die Christen einlegen. „Ich bitte ausdrücklich um ein deutliches und hörbares Zeichen“, sagte Kardinal Meisner. (kath.net)

Montag, 3. August 2009

ARD kennt keine Folter im Iran

Einen bemerkenswerten Beitrag zur regimefreundlichen Berichterstattung leisteten die "tagesthemen" gestern. In einem kurzen Beitrag über die offensichtlichen Schauprozesse gegen mehr als einhundert Oppositonelle und Demonstranten erfuhr der gebührenzahlende Zuschauer:

Der "Prozess gegen Regierungskritiker werde zunehmend schärfer kritisiert", Chatami spreche von einem "Schauprozess".

Was der Zuschauer nicht erfährt, ist, warum er dies tut. Sein Büro zitierte Chatami mit den Worten, der Prozess verstoße "gegen die Verfassung, geltende Gesetze und Bürgerrechte". Das Gericht stütze sich auf Geständnisse, die unter "ungültigen" Umständen zustande gekommen seien. Und Oppositionsführer Mussawi sprach - noch deutlicher - ausdrücklich von "Folter", mit denen angebliche Geständnisse erpresst worden seien.

Ob die folternden Schergen vielleicht das Bild einer wahlkämpfenden SPD stören könnten, deren Ex-Vorsitzender und Ex-Kanzler Schröder bei eben jenen Schergen derzeit so gerne antichambriert?

Alles tun, was denkbar ist?

Aus einer sehr schönen Rezension von Kurt Kister über den "Deutschlandfunk" in der Süddeutschen Zeitung:

Vor einiger Zeit sprach morgens nach der Dusche, es kann auch ein Bad gewesen sein, eben jener seltene Friedbert mit der Justizministerin Brigitte Zypries. Es ging um Adoptionen von Kindern durch gleichgeschlechtliche Paare, die in einer standesamtlich verbrieften Lebenspartnerschaft zusammenleben. Das ist ein ziemlich typisches Deutschlandfunk-Thema für 7.15 Uhr. Gerne reden sie um diese Zeit beim DLF auch über Streubomben oder exotische Grippeformen. Jedenfalls sagte die Ministerin Zypries den schönen Satz: "Wir müssen ja sehen, dass die Menschen alles das, was irgendwie denkbar ist, auch tun." Politiker müssten sich darauf einstellen, gerade beim Verabschieden von Gesetzen.

Das ist grundsätzlich ein interessanter Gedanke. Denkbar wäre auch, dass demnächst oder später Menschen ihre Hunde heiraten möchten oder sich die Schädeldecken entfernen lassen wollen. (Das mit den Schädeldecken stammt von Erich Kästner aus dem Gedicht "Klassefrauen"). Müssten dann also die Politiker auch die gesetzlichen Voraussetzungen dafür schaffen? Oder sollten sie nicht ab und an den Leuten erklären, warum man gerade nicht alles tun darf, was irgendwie denkbar ist?