Dienstag, 15. Mai 2007

Krippewelle für alle?

Nun hat sich die größte aller Koalitionen also auf die SPD-Variante der hunderttausendefachen Fremdbetreuung von Kleinstkindern geeinigt, ein "Durchbruch", natürlich. Beschlossen ist eine Verdreifachung der Krippenplätze bis 2013, also 750 000 Plätze insgesamt. Sediert wird die irritierte Öffentlichkeit mit dem Hinweis, damit werde doch lediglich für 35 Prozent der Kinder ein Krippenplatz eingerichtet. Das ist jedoch definitiv falsch.
Wie sehr hier mit potjemkinschen weil angeblichen "Bedürfnissen" von Eltern Politik gemacht wird, zeigt eine kühle Rechnung:

Zu den 250 000 vorhandenen Krippenplätzen sollen also 500 000 neue dazukommen - die Zahlen der "Familienministerin" werden in der Debatte einfach übernommen. Dabei wurden nach den vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes 2006 knapp 673 000 Kinder lebend geboren. Im Jahr davor waren es 686 000. Ginge die Geburtenrate in Deutschland (derzeit bei 1,35) in den kommenden Jahren nicht weiter zurück, wird die Zahl der Geburten faktisch gleichwohl weiter sinken. Denn die Zahl der Frauen im gebärfähigen Alter von 15 bis 44 Jahren geht zurück. Also wird es 2013 in Deutschland kaum mehr als zwei Millionen Kinder unter drei Jahren geben. Geht man des Weiteren davon aus, dass die Kinder bis zu ihrem ersten Geburtstag wegen des Elterngeldgesetzes von ihren Müttern und Vätern zu Hause erzogen werden, bleiben noch gut 1,3 Millionen als Adressaten des Krippenprojekts. Sollen für 35 Prozent von diesen Krippenplätze zur Verfügung stehen, wären nicht mehr als 450 000 Plätze nötig. Zu den 250 000 bestehenden müssten also rund 200 000 neue eingerichtet werden. Sinkt die Geburtenziffer aber weiterhin, dann wird sie nach 2010 eher unter 650 000 liegen. Es würden also noch weniger neue Krippenplätze gebraucht.

Dazu notierte die FAZ schon Mitte April:

"Die Projektionen der Familienministerin sind deshalb nicht plausibel. Die von ihr geforderten 750 000 Krippenplätze würden eine Deckungsquote von rund 66 Prozent bedeuten. Zur Erreichung einer Deckungsquote von 35 Prozent würden die im Tagesbetreuungsausbaugesetz vorgesehenen 230 000 neuen Plätze vollkommen ausreichen. Die Zahl von 500 000 neuen Krippenplätzen wird nicht einmal dann plausibel, wenn man unterstellt, dass Frau von der Leyen auch die Kinder im ersten Lebensjahr schon in die Krippen holen will - trotz Elterngeldes und zahlreicher Erfahrungen mit den schädlichen Resultaten früher Fremdbetreuung - nicht nur in der DDR und in der Sowjetunion, sondern auch in westlichen Demokratien."

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